Wie gut eine Küche ist, hängt von vielen Faktoren ab, einer davon ist die Zeit. Nobilia Küchen warten in dieser Hinsicht laut Lisa Neustadt von Kuechenwucher.de mit eher durchwachsenen Erfahrungen auf. Allerdings muss hierbei auch das sehr große Sortiment berücksichtigt werden. Wie Nobilia insgesamt abschneidet und ob sich beim Erwerb der Küchen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ergibt, soll in diesem Artikel erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
Woher kommen Nobilia Küchen?
Das nordrhein-westfälische Verl, etwa 15 Kilometer südlich von Bielefeld gelegen, ist der Ursprungsort des Küchenherstellers Nobilia. Die Brüder Johann und Willy Stickling gründeten 1945 zunächst unter ihren Namen eine Fabrik für Kleinmöbel mit 7 Mitarbeitern. Erst unter der nächsten Generation wurde im Jahr 1967 aus der Ursprungsfirma die Marke Nobilia. Es war zugleich der Start für die Produktion von Einbauküchen.
Heute produziert Nobilia an 4 Standorten in Deutschland auf einer Gesamtproduktionsfläche von 434.000 m² und rund 4.500 Mitarbeitern etwa 8,5 Millionen Küchenschränke pro Jahr. Über 50 % der Produktion geht ins Ausland. Bezüglich der Produktionszahlen liegt Nobilia in Europa an erster Stelle. Beim Verkauf von Küchen sieht es jedoch anders aus. Hier führt seit Jahren der schwedische Riese, gefolgt von den Billiganbietern auf dem Markt. Nobilia selbst etabliert sich als Lieferant von Markenküchen des mittleren Preissegments. Das Unternehmen vertreibt seine Küchen über Möbelhäuser, vor allem aber über Küchenhäuser.
Produktumfang bei Nobilia
Nobilia bietet Küchen in 6 verschiedenen Stilrichtungen an. Insgesamt ergibt dies 98 verschiedene Küchenmodelle. Für jedes dieser Küchenmodelle stehen unterschiedliche Gestaltungselemente und Innenausstattungen zur Verfügung.
Auf den ersten Blick erscheint eine so große Auswahl erfreulich. Doch es ist schlicht und einfach Massenproduktion, obwohl für bestimmte Produktlinien Nobilia das Umweltgütezeichen blauer Engel verliehen bekam. Wohlgemerkt nicht für die gesamte Produktkette. Nobilia besitzt zudem das Gütesiegel goldenes M der DGM. Das jedoch wird fast jedem verliehen und ist ungefähr so wertvoll wie die Gütesiegel der deutschen Fleischindustrie.
Masse statt Klasse
Die Sache ist eigentlich logisch und lässt sich errechnen. Nobilia gibt selbst an, 8,5 Millionen Schränke pro Jahr zu fertigen und dies mit 4.500 Mitarbeitern. Selbst unter der Annahme, dass alle mit der Fertigung beschäftigt wären, also auch Logistikmitarbeiter und die Verwaltung und das 365 Tage im Jahr gearbeitet wird, müsste jeder einzelne täglich über 5 Schränke herstellen.
Es ist also von einem sehr hohen Automatisierungsgrad bei Nobilia auszugehen. Automatisierung muss nichts Schlechtes sein, jedoch ist dies in Bezug auf Küchen eine heikle Angelegenheit. Nobilia Küchen wurden noch nie einem echten Härtetest, wie ihn etwa die Stiftung Warentest durchführt, unterzogen.
Nobilia Küchen leiden oft unter Langzeitermüdungen
Wenn dies so gewesen wäre, hätte dieser Härtetest gezeigt, dass bei Nobilia Küchen nach relativ kurzer Zeit an bestimmten Stellen Ermüdungserscheinungen auftreten. Diese Aussage muss unter der Prämisse betrachtet werden, dass Nobilia selbst für ihre Küchen eine Lebensdauer von mindestens 15 Jahren angeben. Wenn sich dann nach vielleicht 6 oder 8 Jahren auf einmal Umbinder an den Kanten ablösen oder Scharniere ausleiern, was mit zu den mehrfach genannten Klagepunkten gehört, dann ist das „nach kurzer Zeit“.
Solche „Krankheiten“ an Küchen sind die typischen Folgen einer Massenproduktion, in der eine Endkontrolle nur stichprobenartig erfolgen kann. Wiederholt muss hier auf einen Umstand verwiesen werden, der potenzielle Käufer von Küchen gerne in die Irre führt, Bewertungen im Internet. Die weitaus meisten Bewertungen für Küchen werden kurz nach deren Kauf und Aufstellung von den Kunden vorgenommen.
Alles glänzt, jede Schublade gleitet sanft über ihre Rollschienen und die makellose Arbeitsplatte harmoniert mit der Kochplatte aufs beste. Ist es da ein Wunder, dass die Bewertungen oft im Bereich von 4 oder 5 Sternen liegen? Würden Küchenkäufer verpflichtet, ihre Bewertungen erst nach beispielsweise 6 Jahren abzugeben, würden vermutlich aus den 5 nur noch 2 oder 3 Sterne werden.
Keine Preise ab Werk
Wie bei anderen deutschen Küchenherstellern gibt es auch bei Nobilia keine unverbindlichen Preisempfehlungen für Endkunden. Es gibt 10 verschiedene Preislisten, die aber nur den Händlern zugänglich sind.
Wer also eine Nobilia Küche kaufen will, muss sich erst einmal bei den Händlern schlaumachen. Dabei können die Preise enorm variieren und dies für ein und dieselbe Küche. Differenzen von 2000 Euro sind keine Seltenheit. Vergleichen ist folglich Pflicht, oder es ist schlicht egal, was die Küche kosten soll.
Sind Nobilia Küchen ihr Geld wert?
Das kommt darauf an. Wer es versteht, in den Küchenstudios oder den Möbelhäusern, die Nobilia Küchen führen, zu verhandeln, wird durchaus eine Küche in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben können. Immer unter der Vorgabe, dass diese nicht für die Ewigkeit gebaut ist. Doch das System, dass die Preise von den Händlern individuell bestimmt werden können, ohne UVP des Herstellers, bewährt sich in Deutschland.
Hinzu kommt, gerade bei Küchen, die Planung und das Aufstellen, was ja meist gesonderte Bereiche sind. Daraus ergeben sich mitunter kleine Nötigungsszenarien in der Form: „Sie bekommen die Küche zu dem Preis, aber wir planen und montieren sie“.
Für Küchenkäufer muss deshalb die Devise gelten: Eine Auswahl treffen und dann vergleichen, vergleichen und noch einmal vergleichen, und zwar die Küche selbst, die Geräte, die Planung und die Montage.